Acht Europameister-Siege und ein Kaffeeservice - Geschichte des deutschen Frauenfußballs
Was Du schon immer wissen wolltest - aber nie wissen konntest
Ein Kaffeeservice zum ersten Europameistertitel: Die DFB-Frauen trotzen den Klischees im Commerzbank-Spot. Hier: Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg, Kathrin Hendrich und Almuth Schult (re.)
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SGS Essen gegen SV Meppen. Nach was das klingt? Einem Handball-Spiel in der Herren Bundesliga. Puh, im Grunde weiß ich gar nicht genau wo Meppen überhaupt liegt. Du auch nicht? Und ist es überhaupt ein Handball-Spiel?
Nein, das ist es nicht. Diese Partie findet bisher in der Frauen-Bundesliga statt. Und Meppen liegt nahe der niederländischen Grenze. Komisch, dabei bist Du doch eigentlich auf einem guten Stand, was den Fußball in Deutschland und die Geographie angeht? Naja, das wird sich zeigen. Wie viel weißt Du über den deutschen FRAUENfußball? Welche Teams gibt es überhaupt? Und welche deutschen Vereine sind auf internationaler Bühne vertreten? Gibt es überhaupt auch eine Champions League für Frauen?
Fragen, Fragen, und nichts als Fragen. Das wird sich ändern. Denn wir haben die Antworten. Um den deutschen Frauenfußball sichtbarer und akzeptierter zu machen, fangen wir mit den Basics an. Und die sind?
Ganz genau, die Geschichte des Frauenfußballs. Kein Ding, wenn Du noch nicht viel darüber weißt, wie denn auch, wenn die Medien und die Gesellschaft es Dir nicht vor die Füße schmeißen und Du kaum was darüber erfährst. Genau das ändern wir. Gemeinsam tauchen wir ein in eine Historie voller Klischees, Vorurteile, vieler Erfolge und großen Persönlichkeiten. Bist du bereit? Los geht’s.
1920er
Nach dem Ende des ersten Weltkrieges und zu Beginn der 1920er Jahre wächst der Frauenfußball in ganz Europa, vor allem in Frankreich und England. In Deutschland ist dieses Wachstum jedoch nicht zu verzeichnen, das Ganze versteht sich eher als ein „im Kreis stehen und den Ball herumspielen“. Dabei ist vor allem die gesellschaftliche Ablehnung des Frauenfußballs ein großer Teil des Problems.
1922
Erstes organisiertes Fußballspiel der Frauen in Deutschland
Studentinnen spielen bei den deutschen Hochschulmeisterschaften Fußball
Zudem kommt das „Sportgirl“ immer mehr in Mode
1927
Erstes dokumentiertes Ergebnis eines Frauenfußball-Spiels (2:1) ohne Nennung der Vereine
1930
Gründung des ersten Frauenfußball-Klubs in Deutschland durch Lotte Specht: 1.DDFC Frankfurt
Auf Grund von fehlender Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft und fehlender Konkurrenz im Sport kommt kurze Zeit später die Auflösung
1933-45
Verbot von Frauenfußball durch das Nationalsozialistische Regime
1950er
Gründung mehrerer Frauenfußballteams in der Bundesrepublik Deutschland (BRD)
1954
WM-Sieg der Männer-Nationalmannschaft bringt Diskussionen um fehlenden deutschen Frauenfußball auf
30. Juni 1955
DFB-Verbot von Fußballspielen der Frauen
Dem Deutschen Fußball Bund (DFB) angeschlossenen Vereinen ist es untersagt eine Frauenabteilung und
-mannschaft zu gründen
Die Begründung dazu: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zuschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand“
Dennoch gründen sich weiterer Frauenteams, die nicht dem DFB unterstehen
1956
Erstes inoffizielles Länderspiel in Essen gegen die niederländische Auswahl im Essener Mathias-Stinnes-Stadion vor 18.000 Zuschauern
1956
Kaufmann Willi Ruppert gründet den Westdeutschen Damenfußballverband
17. März 1957
Zweites inoffizielles Länderspiel der Frauen im Dante-Stadion in München gegen Westholland
1958
Gründung der Deutschen Damenfußballvereinigung (bis 1965 finden ca. 150 inoffizielle Länderspiele statt)
1968
Gründung der ersten Frauenfußballmannschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)
1970
50.000 Mitglieder des DFB sind Frauen
1970
Vier Spielerinnen der inoffiziellen Nationalmannschaft ( Doris Reeder, Veronika Kitter, Sonja Spielberger und Marliese Ewig ) zu Gast im aktuellen Sportstudio. Das Ganze ähnelt einer öffentlichen Bloßstellung!
31. Oktober 1970 - Gründung des deutschen Frauenfußballs
Der DFB hebt das Verbot von 1955 auf
Mit den Ausnahmen: Keine Stollenschuhe, kleinere und leichtere Bälle, halbjährige Winterpause
Die Spieldauer beträgt zunächst 70 Minuten, dann 80 Minuten.
1971
Erster deutscher Verbandsmeister Deutschlands wird ermittelt: Initiative ergreift
Hannelore Ratzeburg
1973
Erste inoffizielle deutsche Meisterschaft
1974
Erste deutsche Meisterschaft der Frauen in Turnierform (bis 1990)
08. September 1974
Erstes Endspiel der deutschen Meisterschaft in Mainz vor 3.800 Zuschauern
Erster deutscher Meister ist TuS Wörrstadt
September 1974
Erstmals wird das Tor einer Fußballspielerin zum Tor des Monats gewählt
Bärbel Wohlleben erzielte das sehenswerte Tor im Endspiel um die erste Meisterschaft
1975
215.000 Mitglieder des DFB sind Frauen
1977 – 1989
SSG 09 Bergisch Gladbach wird in 13 Jahren neun Mal deutscher Meister der Frauen
1977
Hannelore Ratzeburg wird DFB-Referentin für Frauenfußball in Deutschland
Sie veranlasst die Gründung zweier neuer Wettbewerbe im Frauenfußball: Länderpokal und DFB-Pokal
Ab 1979
Gründung einer DDR-Frauenfußballmeisterschaft „Bestenermittlung“
1981
Erster deutscher Pokalsieger der Frauen ist die SSG 09 Bergisch Gladbach
10. November 1982
Erstes offizielles Länderspiel der Frauen-Nationalmannschaft gegen die Schweiz in Koblenz unter Trainer Gero Bisanz
Deutschland besiegt die Schweiz mit 5:1. Die damals 18-jährige Silvia Neid erzielt zwei Tore
1985
Gründung der Regionalliga West: Erste verbandsübergreifende Spielklasse
1986
DFB-Entschluss: Gründung einer Bundesliga für Frauen (dauert dennoch noch einige Jahre)
1988
Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft schafft die Qualifikation für die Europameisterschaft 1989 in Deutschland
1989
Erstes Frauenfußballspiel im LIVE-TV: Deutschland gewinnt im Halbfinale der EM gegen Italien
2. Juli 1989 - Europameisterinnen im eigenen Land
Deutschland gewinnt im Finale 4:1 gegen Norwegen vor 23.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion
Als Siegerprämie vom DFB erhält jede Spielerin ein Kaffeservice
Der EM-Sieg bedeutet beim DFB grünes Licht für die Gründung einer zweigleisigen
Frauen-Bundesliga zur Saison 1990/91
1990
Gründung der Oberliga Nordost in der DDR (Platz 1 und 2 qualifiziert für Bundesliga 1991/92)
1990
Erstes und einziges Länderspiel des Frauen-Nationalteams der DDR gegen die Tschechoslowakei
Ab 1990 - Gründung der Frauen-Bundesliga
Frauen-Bundesliga findet in zwei Staffeln à zehn Teams statt
14. Juli 1991 - Europameisterinnen
Titelverteidigerinnen (zum insgesamt zweiten Mal)
1991
Erste Weltmeisterschaft im Frauenfußball wird in China ausgetragen (Deutschland belegt den 4. Platz)
1993
Zeitfestlegung auf zwei Mal 45 Minuten in Deutschland
26. März 1995 - Europameisterinnen
(zum insgesamt dritten Mal)
1995
Vizeweltmeisterinnen bei der Weltmeisterschaft in Schweden
1996
Frauenfußball wird zur olympischen Disziplin
7. Juli 1997 - Europameisterinnen
(zum insgesamt vierten Mal)
1997
Gründung einer eingleisigen Frauen-Bundesliga mit zwölf Mannschaften
Eine Verkleinerung der Bundesliga auf nur eine Staffel mit insgesamt zwölf Teams bedeutet eine enorme Leistungssteigerung der Spielerinnen und Verein, mehr Trainingseinheiten und eine allgemeine erhöhte Professionalität
1997/98
Erster Meister der Frauen-Bundesliga: FSV Frankfurt
2000
Erste olympische Medaille: Bronze-Medaille für die deutschen Fußballfrauen
7. Juli 2001 - Europameisterinnen im eigenen Land
(zum insgesamt fünften Mal und dritten Mal in Folge)
Claudia Müller erzielte den Siegtreffer und zieht beim Jubel ihr Trikot aus
Am nächsten Tag war sie auf der Titelseite der Bild-Zeitung zu sehen mit der Überschrift:
„So schön kann Fußball sein“
2001/02
Gründung des ersten Europapokal-Wettbewerbs (UEFA Women´s Cup)
Mai 2002
Der 1.FFC Frankfurt ist erster Sieger des internationalen Wettbewerbs UEFA Women´s Cup
12. Oktober 2003 - Weltmeisterinnen
Nia Künzer erzielte im Finale gegen Schweden den Siegtreffer zum 2:1
Deutschland ist somit die erste Nation, in der sowohl die Männer- als auch die Frauen-Nationalmannschaft den WM-Titel holen konnte
2003
Nia Künzlers WM-Tor wird zum TOR DES JAHRES gewählt
2003 - 2005
Birgit Prinz wird drei Jahre in Folge als FIFA Weltfußballerin des Jahres ausgezeichnet
2004
Olympia-Bronze
19. Juni 2005 - Europameisterinnen
(zum insgesamt sechsten Mal und vierten Mal in Folge)
2005
Der 1.FFC Turbine Potsdam gewinnt UEFA Women´s Cup (zweites deutsches Team, das internationale Titel gewinnt)
2006
UEFA Cup Finale: Zwei deutsche Teams spielen erstmals im Finale gegeneinander
Der 1.FFC Frankfurt besiegt den 1.FFC Turbine Potsdam vor 13.000 Zuschauern, das Spiel wird live im ZDF übertragen
2006
Algarve Cup-Siegerinnen
30. September 2007 - Weltmeisterinnen
(Titelverteidigerinnen)
Prämie für jede Spielerin nach dem Sieg der Weltmeisterschaft: 50.000 €
Prämie für die Qualifikation an das gesamte Team: 200.000 €
24. Mai 2008
Der 1.FFC Frankfurt ist an der Spitze des europäischen Frauenfußballs angelangt
Durch den dritten internationalen Sieg des UEFA Women´s Cup ist es bis dato die erfolgreichste Mannschaft in Europa
Zuschauerrekord im deutschen und europäischen Frauenvereinsfußball wird im Finale neu aufgestellt: 27.460
2008
Olympia-Bronze
2009
Der FCR 2001 Duisburg gewinnt als drittes deutsches Team den UEFA Women´s Cup vor 28.112 Zuschauern
10. September 2009 - Europameisterinnen
(zum insgesamt siebten Mal und fünften Mal in Folge)
2009/10
Gründung der UEFA Women´s Champions League (zuvor: UEFA Women´s Cup)
2010
Der 1.FFC Turbine Potsdam ist Champions League Sieger (bei Erstaustragung der Champions League)
2010
Silvia Neid ist Welttrainerin des Jahres im Frauenfußball
2011 - Weltmeisterschaft in Deutschland
Im Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Japan wird ein neuer Zuschauerrekord aufgestellt: 73.680 Zuschauer im Berliner Olympiastadion
2012/13
Der VfL Wolfsburg ist TRIPLE-Sieger unter Trainer Ralf Kellermann
28. Juli 2013 - Europameisterinnen
(zum insgesamt achten Mal und sechsten Mal in Folge)
2013
Nadine Angerer wird als FIFA Weltfußballerin des Jahres und UEFA Europas Fußballerin des Jahres ausgezeichnet
2013
Silvia Neid ist Welttrainerin des Jahres im Frauenfußball (zum insgesamt zweiten Mal)
2014
Nadine Keßler wird als FIFA Weltfußballerin des Jahres und UEFA Europas Fußballerin des Jahres ausgezeichnet
2014
Ralf Kellermann ist Welttrainer des Jahres im Frauenfußball
2013/14
VfL Wolfsburg erneute TRIPLE-Siegerinnen
2014/15
Der FC Bayern München wird deutscher Meister bei den Frauen und Männern in der gleichen Saison
2014/15
Der 1.FFC Frankfurt zum vierten Mal UEFA Women´s Champions League Siegerinnen
2016 - Olympiasiegerinnen in Rio de Janeiro
2016
Silvia Neid
ist Welttrainerin des Jahres im Frauenfußball (zum insgesamt dritten Mal)
Und nun, seien wir ehrlich, was wusstest Du schon über den deutschen Frauenfußball? Vielleicht manches, aber bei Weitem nicht alles. Doch wenn Du weiterhin interessante Beiträge lesen, alles Aktuelle über den deutschen Frauenfußball erfahren willst und mitwirken möchtest, dem Frauenfußball auch in Deutschland eine größere Bühne zu geben, dann bist Du hier genau richtig. Denn das ist erst der Anfang.